Burckhardt

Burckhardt
Bụrckhardt,
 
altes Basler Geschlecht. Stammvater ist Christoph (Stoffel) Burckhardt (* Britznach im Münstertal/Breisgau, ✝ Basel 1578), der seit 1521 in Basel ansässig war und dort 1523 das Bürgerrecht erwarb. Von seinen Nachkommen gründeten die fünf Söhne aus zweiter Ehe Hieronymus, Theodor, Hans Rudolf, Samuel und Daniel eigene, nach ihnen benannte Linien, die, bis auf die Samuel-Linie, noch heute bestehen. Kurz nach 1600 wird erstmalig die Ratszugehörigkeit erwähnt, Mitte des 17. Jahrhunderts stellen die Familien eine Reihe von Gelehrten der Universität Basel. Nach 1800 finden sich erneut Mitglieder der Familien in bedeutenden Positionen von Politik und Wissenschaft. Herausragende Vertreter:
 
 1) Carl, schweizerischer Bildhauer, Maler, * Lindau (bei Zürich) 13. 1. 1878, ✝ Ligornetto (Kanton Tessin) 24. 12. 1923; schuf, inspiriert von der archaischen Kunst Griechenlands, v. a. Großplastiken und Brunnen.
 
 2) Carl Jakob, schweizerischer Historiker, Essayist und Diplomat, * Basel 10. 9. 1891, ✝ Vinzel (Kanton Waadt) 3. 3. 1974; war 1918-22 Mitglied der Botschaft seines Landes in Wien, wo er mit H. von Hofmannsthal Freundschaft schloss. 1923 beauftragte ihn das Internationale Rote Kreuz, das Flüchtlingsproblem, das in Folge des türkisch-griechischen Krieges (1920-22) entstanden war, zu untersuchen. 1929 wurde er Professor in Zürich. 1932-37 und 1939-45 lehrte er neuere Geschichte am Institut des Hautes Études Internationales in Genf. 1937-39 war er Hoher Kommissar des Völkerbundes in Danzig, wo er sich vergeblich bemühte, den Ausbruch des Krieges zu verhindern. Als Präsident des Internationalen Roten Kreuzes (1944-48) und Gesandter seines Landes in Paris (1945-49) wirkte Burckhardt erneut für die internationale Zusammenarbeit. In seinem literarischen Schaffen wandte sich Burckhardt den großen Gestalten der europäischen Geschichte zu. Sein Hauptwerk ist die Biographie Richelieus (3 Bände und Registerband, 1935-67). Burckhardt trat auch als Erzähler hervor. 1954 erhielt er den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels.
 
Weitere Werke: Kleinasiatische Reise (1923); Gestalten und Mächte (1941); Erinnerungen an Hofmannsthal (1948); Drei Erzählungen (1952); Bildnisse (1958); Meine Danziger Mission 1937-39 (1960); Memorabilien (herausgegeben 1977); Briefe aus den letzten Jahren (herausgegeben 1977).
 
Ausgabe: Gesammelte Werke, 6 Bände (1971).
 
 3) Jacob, schweizerischer Kultur- und Kunsthistoriker, * Basel 25. 5. 1818, ✝ ebenda 8. 8. 1897; wurde 1855 Professor in Zürich, lehrte 1858-93 in Basel. In seinem Werk »Die Zeit Constantin's des Großen« (1853) deutete Burckhardt den Untergang der antiken Kultur. In seinem »Cicerone« (1855) gab er eine Anleitung zum Verständnis der Kunstwerke Italiens. Sein Hauptwerk, »Die Cultur der Renaissance in Italien« (1860), zeigt in eindrucksvoller Gesamtschau die Bewusstwerdung des Individuums in dieser Zeit. Seine »Geschichte der Renaissance in Italien« (1868, erweitert 21878) beschränkte sich auf die Baukunst. Aus dem Nachlass erschienen »Griechische Kulturgeschichte«, 4 Bände (1898-1902), und »Weltgeschichtlichen Betrachtungen« (1905), in denen er kulturpessimistisch den Fortschrittsglauben verurteilt.
 
Ausgaben: Gesammelte Werke, 14 Bände (1929-34); Briefe. Vollständige und kritische Ausgabe, 10 Bände (1949-86); Gesammelte Werke, 10 Bände (1980); Werke. Kritische Gesamtausgabe, auf 27 Bände berechnet (2000 ff.).
 
 4) Johann Ludwig, schweizerischer Orient- und Afrikaforscher, * Lausanne 24. 11. 1784, ✝ Kairo 15. 10. 1817. Zur Vorbereitung einer Entdeckungsreise ins Innere Nordafrikas durchzog er, sich als Muslim ausgebend, 1809-12 Syrien und Palästina und entdeckte (August 1812) die Ruinen von Petra. Durch den Norden der Halbinsel Sinai nach Kairo gelangt, verfolgte er (als erster Erforscher Nubiens) 1813 das Niltal bis Dongola, wobei er u. a. die Tempelanlagen von Abu Simbel auffand. 1814 drang er durch die Nubische Wüste bis Shendi (unterhalb des 6. Nilkatarakts) vor, setzte von Suakin über das Rote Meer nach Djidda, besuchte Mekka und 1815 Medina. Über beide Städte sowie über den Hidjas lieferte er die ersten umfassenden Aufschlüsse.
 
Werke: Travels in Nubia (1819; deutsch Reisen in Nubien); Travels in Syria and the Holy Land (1822; deutsch Reisen in Syrien, Palästina und der Gegend des Berges Sinai); Travels in Arabia (1829; deutsch Reisen in Arabien); Arabic proverbs (1830; deutsch Arabische Sprüchwörter. ..); Notes on the Bedouins and Wahábys, 2 Bände (1831; deutsch Bemerkungen über die Beduinen und Wahaby).
 
Ausgaben: Scheik Ibrahim (das ist J. L. Burckhardt): Briefe an Eltern und Geschwister, herausgegeben von C. Burckhardt-Sarasin und H. Schwabe-Burckhardt (1956).
 
 
D. Henze: Enzykl. der Entdecker u. Erforscher der Erde, Bd. 1 (Graz 1978).

Universal-Lexikon. 2012.

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